Donnerstag

Ode an den Stadtfremden Süddeutschen.

Du denkst du bist krass, legst deine Klettverschluss- Schuhe auf den Sitz neben mich.
Hat Steevie Wonder nicht all seine Lieder nur für dich geschrieben?
Sagst du.
Natürlich hast du ordnungsgemäß deine Kurzstrecke abgestempelt.
Das letzte mal hast du einen Straßenfeger gekauft und interessiert darin geblättert. Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.
Manchmal stehst du auf und guckst wissend auf den U- Bahnplan. Du weißt nie, wo du hinwillst.
Hauptsache Prestige, deine Bauchtasche betont deinen Sauerkrautbauch.
Dein Gesicht in Falten wenn ein Bauzaun vor dem Reichstag steht.
Du stellst dich breitbeinig auf die Allee und rufst zum Protest.
Du heißt Gerhard oder Kristina.
Du hast deinen Urlaub soeben beendet!

Dienstag

[Simba zu Nala]

Die Ubahnsitze, auf denen wir sitzen, die Ubahnsitze sind violett.
Die Ubahnsitze, auf denen wir sitzen, seit zwanzig Minuten, die violetten Ubahnsitze sind glatt.
Glatt, sodass man umherrutschen muss, von links nach rechts und zurück., wieder nach links.
Das Berliner Fenster, dieses rechteckige, das Berliner Fenster zeigt das Wetter.
Das Wetter ist  wolkig bis heiter, von Mittwoch bis Samstag ist es wolkig bis heiter.
Wohin wir unterwegs sind weiß der Mann uns gegenüber nicht, der mit der Brille, der Mann.
Vielleicht haben wir Zitroneneis in der Hand, wenn jetzt Sommer wäre, könnte es uns die Hände auch hinunterlaufen, weil es heiß wäre, unaushaltbar heiß hier in der Ubahn.
So heiß wäre es, dass man aussteigen würde, sich auf den kühlen Steinboden legen, und Niemand würde pikiert schauen. Man würde dort also liegen, die Hände fahrig über der kühlen Steinoberfläche oder einem Arm, der keine Ärmel hätte. Es wäre ja heiß.
Und man könnte in einem alten Van sitzen, hoch zum Meer. Und das Radio würde alten Blues spielen, vielleicht alles bekannt aus einem Film mit Tom Hanks. Und die Vorstellung von Menschen aber keinem Kinn, tanzend im Türrahmen.
Dann wäre der Van plötlch zu alt, zu kaputt zum weiterfahren und man müsste in einem Mohnfeld übernachten, wo die Sonne schon alles mohnrot gefärbt hat. Und vielleicht gäbe es Wölfe.
Es wäre sehr gefährlich.
Und dann würde man morgens schwimmen, in einem Fluß, vielleicht einem Strom oder einem Bach.
Aber jetzt ist Winter. Im Winter schneit es. Und wenn es schneit, kann man im Märkischen Viertel von Bergen fahren.

Montag

Besucher

Erzbischoff sitzt auf Mutters Ecksofa.
Wie denn das Wetter sei, da wo er herkommt. Heute.
Ganz wunderbar, sagt der Erzbischoff und entledigt sich der Zitronenschale, indem er sie hinter dem Zuckertöpfchen plaziert.
Und der Hund? Was mache der Hund? Sie habe ihn lang nicht gesehen.
Verzweifelt lächelt der Erzbischoff, wahre Leiden bevölkern sein schweres Herz und die Mutter erkundigt sich nach dem Hund.
Gut, ausgezeichnet. Schönes Fell, Nase feucht.
Und dir? Junge, Wie geht es dir?
Die Gesichtsmuskulatur erschlafft, wehleidig ist das Gesicht jetzt der Mutter zugewandt. Die Hand schwitzend am Porzellanhenkel.
Schön, gut, weiches Fell, feuchte Nase. Die Wortfetzen aus dem Mund des Erzbischoffs werfen sich selbst, katapultieren sich, Frequenz hoch.
Die Mutter sieht den Vater an, der bisher still gewesen war. Er sagt: Junge, wir lieben dich.
Der Erzbischoff spürt den dünnen Stoff der Tischdecke an seiner Wade.
Vater, Mutter. Ich regiere das Land. Und immer wird alles schwarz, wenn ich Gymnastik betreibe. Dabei hat das der Arzt empfohlen.
Die Eltern schütteln empört die Köpfe.
Der Arzt, fährt der Erzbischoff fort und rückt unwillens auf dem Ecksofa hin und her, der Arzt sei ein Fachmann.
Die Mutter erhebt sich zögerlich, dann schüttet sie unaufgefordert Milch in die Porzellantasse.
Vaters Blick geht zum Arzt, den der Zuschauer jetzt bemerken soll.
Und sie küssen meinen Sohn?
Die Mutter fällt in die weichen Kissen. Arnold!
Ja, der Erzbischoff erhebt sich.
Und der Hund hat weiches Fell und eine feuchte Nase!
Das Ecksofa zerbricht, scheppernd fliegen Splitter vom Porzellan in die Diele.

Dienstag

You say fuck this, I say fuck that!

"Hast du dich da gestoßen?"
"Wo?"
"Na da am Hals."
"Wo denn?"
"Da wo das so blau ist."
"Ach da, achso."
"Und?"
"Ehm ja, hingefallen."
"Oh je! Hats wehgetan?"
"Bisschen."
"Geblutet?"
"Och."
"Erzähl mal! Hast du schonmal Jemanden bluten sehen?!"
"Mh. Dein Papa wär nicht so froh, wenn wir solche Gespräche führen würden!"
"Ach, der. Hast du schonmal abgetrennte Körperteile gesehen?"
"Elias, du bist acht."
"Und du hälst mich für völlig bescheuert."
"Tu ich nicht."
"Wohl. Laura hat auch manchmal blaue Flecke am Hals und dann ist die nicht hingefallen."
"Wer ist Laura?"
"Interessierts dich?"
"Kein Bisschen."
"John Foggelty oder White Stripes? Schwänzt du manchmal die Schule?"
"White Stripes. Nie. Hör auf sowas zu fragen."
"Warum?"
"Na findest du nicht, wir sollten über Plüschtiere reden?"
"Okay."
"Wer ist er hier?"
"Das ist Jimmy Morrison, den hab ich schon ganz lang. Aber der ist tot."
"Okay, weißt du was, ich lese dir jetzt Edgar Ellen Poe vor, dann gibst du Ruhe."
"Ne, nicht den. Den darf ich noch nicht hören."


[Vater kommt rein "Na, alles gut geklappt?" "Joar, klar." "Die wollte mir Edgar Ellen Poe vorlesen." "Ich möchte, dass du in Zukunft eher das Sams liest, haben wir uns verstanden?!" "Aber.."]

Montag

Zeitgeist pflückt Mohnblume

Ich möchte Jemanden mitnehmen in meinem großen Flugzeug, Yeah- Hey. Hey- Yeah.
Meine Kleider sind nass, vor dem Ofen werde ich mir bewusst wie wahnsinnig schön ich bin.
Weil: Manchmal laufe ich nachts durch Reihen parkender Autos und summe dabei ein Lied, wenn es nicht vom Meer handelt, handelt es vom Wind.
Und manchmal blättere ich vorsichtig dünne Papierseiten, die ganze Welt ist dann fragil.
Ab und zu sitze ich mit geschlossenen Augen und Kaffee auf der Fensterbank und lausche.
Sehr selten, da pflücke ich eine Mohnblume und bewahre sie auf, um sie einer besonderen Person zu schenken.
Ich lausche heute nicht, meine Ohren sind verliehen an wichtige Aufgaben.
Ich summe heute nicht, mein Mund wirft nur Sachtexte aus.
Ich berühre heute nichts, es könnte mir zerbrechen unter den zitternden Händen.
Ich pflücke nur eine Mohnblume, bewahre sie so lang auf, bis Jemand in mein großes Flugzeug steigt.